„Little Joe – Glück ist ein Geschäft“

Kinofilm von Jessica Hausner (2020)
Die Pflanzenzüchterin Alice erschafft mittels Genmanipulation eine wunderbare Blume, die ein seltsames Eigenleben zu entwickeln scheint. Grüne Gentechnik auf Abwegen? Oder ein Fall überbordender Einbildung bei manchen Beteiligten?

In Kooperation mit der Max-Planck-Gesellschaft, der Fraunhofer Gesellschaft und dem X-Verleih Berlin beteiligte sich die Stiftung für MINT-Entertainment-Education-Excellence in Berlin und München an zwei Vorpremieren des neuen Films „Little Joe – Glück ist ein Geschäft“ der Regisseurin und Drehbuchautorin Jessica Hausner. Im Rahmen der Vorpremieren diskutierten in München Dr. Christina Beck (Max-Planck-Gesellschaft) , Dr. Jessica Freiherr (Fraunhofer IVV) und Dr. Stephan Schleissing (LMU München) unter lebhafter Einbeziehung des Publikums. Die Moderation über­nahm Dr. Jeanne Rubner (Leiterin Wissenschaftsredaktion BR). In Berlin waren Prof. Dr. Martina Schrauder (Fraunhofer IAO) und Prof. Dr. Simone Spuler (Charité Universitätsmedizin Berlin) zu Gast, um mit dem Publikum über Molekularbiologie und Ver­ant­wortung in der Wissenschaft zu debattieren. Die Mo­de­ra­tion hatte Sharon Adler (AVIVA-Berlin).

Grüner wird’s nicht. Oder doch?
MINTEEE begleitet den Startschuss des Mystery-Thrillers „Little Joe“
von Petra Maaß – Redaktion MaxPlanckJournal (10.01.2020)
Seit 9. Januar 2020 läuft er in den deutschen Kinos: der Mystery-Thriller „Little Joe – Glück ist ein Geschäft“. In faszinierend schönen Bildern, begleitet von schriller, befremd­lich anmutender Musik und mit feiner Ironie erzählt die österreichische Regisseurin Jessica Hausner die Geschichte der alleinerziehenden Mutter und Wissenschaftlerin Alice. Mit einer „äußerst komplizierten Genmanipulation“ erschafft die ehrgeizige Botanikerin eine Blume, die eine einzigartige Wirkung hat: Bei idealer Raumtemperatur und ausreichender Zuwendung macht ihr Duft die Menschen glücklich! Heimlich nimmt Alice eine der Pflanzen für ihren 13-jährigen Sohn Joe mit nach Hause, sie nennen sie „Little Joe“. Doch je weiter die geheimnisvolle Blume wächst, desto mehr verändern sich die Menschen in Alices Umfeld. Ihr Verdacht wird zunehmend stärker, dass ihre Schöpfung womöglich nicht so harmlos und glückverheißend ist, wie es ursprünglich geplant war. Oder bildet sie sich das alles nur ein? Scheitern das Gen-Experiment und die damit verbundene Suche nach dem Glück? Der vielfach prämierte Film lässt viele Fragen offen und fordert umso mehr zum Nach­denken auf. Entsprechend angeregt verlief die Podiumsdiskussion bei der Vorpremiere des Films am 8. Januar im Münchner Monopol Kino. In Kooperation mit der Stiftung MINT-Entertainment-Education-Excellence (MINTEEE) war auch die Max-Planck-Gesell­schaft vertreten. Ob Chancen und Risiken grüner Gentechnik, die Rolle von fiktionalen Filmen und Serien für die Wissenschaftskommunikation oder das komplexe Be­zieh­ungs­kon­strukt der Figuren in „Little Joe“: Max-Planck-Pressesprecherin Christina Beck diskutierte mit dem Theologen Stephan Schleissing (Leiter des Programmbereichs „Ethik in Technik und Naturwissenschaften“, LMU München), Neurowissenschaftlerin Jessica Freiherr (Fraunhofer Gesellschaft und FAU Nürnberg Erlangen) und dem Publikum zu verschiedensten Aspekten des 105-minütigen Experiments. Moderiert wurde die Podiumsdiskussion von Jeanne Rubner, Leiterin Wissenschaftsredaktion BR. So unterschiedlich die Perspektiven auch waren, einig war man sich auf dem Podium: „Little Joe“ erhält das Prädikat „sehenswert“.

„Little Joe“ ist Science-Fiction-Drama, Mysterythriller und Psychothriller gleichermaßen und wurde 2019 erfolgreich im Wettbewerb der Internationalen Filmfestspiele in Cannes vorgestellt. Das Drehbuch schrieb Jessica Hausner gemeinsam mit Géraldine Bajard. Für ihre Rolle als Wissenschaftlerin erhielt Emily Beecham den Preis als Beste Darstellerin.

Im Zentrum des Films steht die Pflanzenzüchterin Alice. Zwar ist sie alleinerziehende Mutter des 13jährigen Joe, sie hat sich aber vor allem voll und ganz ihrem Beruf als Wissenschaftlerin verschrieben. Ihr ist eine denkwürdige Züchtung geglückt: Eine purpurrote Blume, die aufgrund gentechnischer Veränderungen eine einzigartigen Wirkung entfaltet – bei idealer Raumtemperatur und ausreichender Zuwendung sondert sie einen Duft ab, der die Menschen in ihrer Umgebung glücklich macht! Obwohl sie damit gegen die Sicherheitsvorschriften verstößt, nimmt Alice ein Exemplar der Blume mit nach Hause und schenkt sie ihrem Sohn – sie nennen die Pflanze „Little Joe“. Doch je weiter die geheimnisvolle Blume sich entwickelt und ihren Duft verströmt, desto mehr scheinen sich die Menschen in Alices Umfeld zu verändern. Ihr Verdacht wächst, dass ihre Schöpfung möglicherweise nicht so harmlos und glück­verheißend ist, wie ursprünglich gedacht.

„Little Joe – Glück ist ein Geschäft“ ist ein äusserst vielschichtiger Film, der sehr zur Diskussion anregt. Er wirft Fragen zu diversen Themenbereichen auf, so etwa in  wissenschaftsethischer Hinsicht, wenn es um das Verhalten der Protagonistin Alice geht. Ist es in Ordnung, sich im Rahmen von Forschung durchaus frag- bzw. diskussionswürdiger wissenschaftlicher Methoden zu bedienen, wenn sie denn zum Ziel führen? Kann man es als Kavaliersdelikt durchgehen lassen, wenn sich Alice über Sicherheitsdirektiven hinwegsetzt? Ist es überhaupt grundsätzlich legitim, einen Organimus zu züchten mit dem erklärten Ziel, mit seiner Hilfe die Emotionen von Menschen zu beeinflussen? Und wenn die Gefahr von gänzlich unbeabsichtigten, negativen Nebenwirkungen nicht vollkommen ausgeschlossen ist, darf man dann mit entsprechenden Forschungen überhaupt fortfahren – oder ist weitere Forschung gerade deswegen zwingend notwendig?

Ein weiterer wichtiger Themenkomplex sind in „Little Joe“ auch jene (Fehl-) Interpretationen und Handlungen, die auf der Basis von Ängsten bzw. Nichtwissen entstehen. Ist Joes Verhalten seiner Mutter gegenüber tatsächlich von der Pflanze beeinflusst oder handelt es sich schlicht um das ganz normale erratische Verhalten eines Jungen in der Pubertät? Sind die Anwandlungen von Alices Kollegin durch die Wirkung des Blumenduftes zu erklären? Sind sie Ausweis einer längst bestehenden psychischen Störung? Oder ist alles bloße Einbildung unter gestressten Kolleginnen und Kollegen?

Und was hat es grundsätzlich mit dem Wunsch nach Erzeugung eines künstlichen Glücksgefühls auf sich? Ist er bedingt durch die tatsächliche Unfähigkeit, auf natürlichem Wege Glück zu empfinden, also durch Nähe, (Mutter-) Liebe und Geborgenheit? Ist es eigentlich erstrebenswert, sich mit Hilfe eines – in diesem Falle pflanzlichen – Vehikels beglücken zu lassen? Ist „Little Joe“ eine geniale Erfindung oder handelt es sich lediglich um ein weiteres durchdesigntes Eskapismus-Tool?

Die Stärke des Films ist – ganz abgesehen der eindrücklichen Farb- und Bildgestaltung – dass er keine 100%ig eindeutigen Antworten auf diese Fragen gibt. Letztlich bleibt es dem Publikum sogar überlassen, zu entscheiden, ob „Little Joe“ überhaupt irgendeine positive oder negative Wirkung hat. Nicht zuletzt dieser Umstand bietet Diskussionsstoff en masse. (Mehr zum Film & Trailer)

„Ich finde den Film aus Kommunikationssicht interessant, gerade vor der Schablone der grü­nen Gentechnik, weil man hier sieht, welche Ängste erzeugt werden können, ohne dass es dafür eine wissenschaftliche Grundlage gibt, und wie die Dinge interpretiert werden vor dem Hintergrund dieser Ängste.“
Dr. Christina BeckMax-Planck-Gesellschaft
„Es geht um Gentechnik, die an Pflanzen ange­­wandt wird und die wir sicherlich brau­chen, um die Weltbevölkerung zu ernähren. Die Pflanzen werden dadurch re­sis­ten­ter gegen Bakterien, Viren, Fressfeinde und ähnliches, aber es hat natürlich – das zeigt der Film ganz klar – auch negative Seiten.“
Prof. Dr. Jessica FreiherrUniklinik Erlangen
„Der Film ist eine sehr interessante Kom­men­tie­rung der Art, wie wir momentan über ein ganz wichtiges wissenschaftliches und ethisches Prin­zip im Zusammenhang mit grüner Gen­tech­nik reden, nämlich über das Prinzip der Vorsorge.“

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Dr. Stephan SchleissingLMU München

Interview mit der Regisseurin Jessica Hausner zu ihrem Film „Little Joe“

MINTEEE: Was war der Auslöser für die Entwicklung von „Little Joe – Glück ist ein Geschäft“?

Jessica Hausner: Ausgangspunkt war der Horrorklassiker „Invasion of the Bodysnatchers“: Ich fand die Ausgangssituation spannend und philosophisch zugleich: Die Person, die man am meisten liebt und zu kennen glaubt, ist auf einmal nicht mehr die Person, die sie früher war. Das macht Angst und verwandelt die bekannte Welt in eine neue, unbekannte Welt. Bis hin zur In-frage-Stellung der eigenen Persönlichkeit: Hat sich die Person tatsächlich verändert oder bin ich verrückt? Im Ansatz kennt jeder von uns diese Verunsicherung, wenn eine Beziehung sich verändert oder auflöst. Damit lösen sich fixe Bezugspunkte in unserer Welt und wir müssen uns neu zurechtfinden. Die Wirklichkeit verändert sich und damit auch vieles, was wir bisher für unumstößlich gehalten haben. Diese Unsicherheit in der Welt halte ich für notwendig und produktiv. Wer sie leugnet, erstarrt. In „Little Joe“ stellen wir uns dieser Verunsicherung.

MINTEEE: Wie sind Sie auf die Forschungen, über die Sie erzählen, aufmerksam geworden?

Jessica Hausner: Durch gezielte Recherche. Ich suchte nach einer modernen Übersetzung der klassischen Horror-Genre-Elemente wie außerirdische samen- und kam auf Gentechnik: Das ist unser modernstes Tool in der Wissenschaft und es ist Hoffnung und Bedrohung zugleich. Mich interessiert in der Wissenschaft immer genau diese Ambivalenz zwischen Gut und Böse: Die Wissenschaftler selbst haben Schwierigkeiten, die richtigen Entscheidungen zu treffen. Auf dem Weg zu einer gesicherten Erkenntnis müssen oft riskante Wege beschritten werden, deren Ziel niemand im Vorhinein benennen kann. Wir müssen uns im Klaren darüber sein, dass Wissenschaft immer beides bedeutet: Gutes und Schlechtes.

MINTEEE: Warum haben Sie sich dafür entschieden, Ihre Protagonistin eine Pflanze entwickeln zu lassen, die glücklich macht?

Jessica Hausner: Weil unsere Gesellschaft sich immer mehr auf die Erweckung der Glückssehnsucht spezialisiert hat. Einerseits aus kommerziellen Gründen: Dinge versprechen glück. Andererseits aus einem Vakuum heraus, das der Wegfall der Staatsreligion hinterlassen hat. Eine Gesellschaft braucht immer auch einen ideologischen Zusammenhalt, über den wir unsere gemeinsamen Werte und Ziele definieren. Mir kommt vor, dass heutzutage einer dieser gemeinsamen Werte ist: Glücksverheißung durch Konsum und durch Wissenschaft (Neuerungen, die das Leben angenehm machen. Medizin, die das Leben verlängert. Konsumgüter, die unsere Freizeit ausfüllen), zugleich denke ich, dass die Sehnsucht nach glück umsonst sein muss, denn glück kann weder herbeigerufen noch festgehalten werden. In diesem Spannungsfeld bewegen wir uns heutzutage…

MINTEEE: Wie sind Sie bei der Recherche der wissenschaftlichen Anteile für das Drehbuch vorgegangen?

Jessica Hausner: Ich habe mit Wissenschaftlern zusammengearbeitet. Eine Neurologin, ein Humangenetiker und ein Pflanzengenetiker haben mir bei der Entwicklung der Virusidee und bei den Dialogen geholfen.

MINTEEE: Auf welche Weise haben die Wissenschaftler/-innen, mit denen Sie im Verlauf der Recherchen Kontakt hatten, auf die dargestellten Vorgänge und Verhaltensweisen reagiert? Für wie realistisch hielten die Fachleute das, was Sie in „Little Joe“ erzählen?

Jessica Hausner: Es ging bei der Entwicklung des Drehbuches darum, eine Hypothese aufzustellen, die wissenschaftlich gesehen zwar waghalsig ist, aber doch im Bereich des Möglichen ist. Also ich meine damit, die wissenschaftliche Hypothese sollte gar nicht unbedingt plausibel sein. Denn es geht in Little Joe ja um die Ängste und Zweifel der Hauptfigur Alice. Die Ambivalenz sollte immer vorhanden sein: Hat Alice recht oder bildet sie sich das alles nur ein? Genau das erfüllt die Story nun: Die Idee, dass ein pflanzlicher Virus so mutiert, dass er für Menschen gefährlich wird, ist unwahrscheinlich, aber unter bestimmten Umständen möglich. Durch diese Unwahrscheinlichkeit werden die psychologischen Fragestellungen im Laufe des Filmes erst möglich.

MINTEEE: Hat der Kontakt zu Wissenschaftlern/-innen Ihre Sichtweise auf das Thema verändert? Haben Sie im Verlauf der Entwicklung die Story bzw. das Drehbuch aufgrund dessen modifiziert?

Jessica Hausner: Nein, ich habe ja von Anfang an nach einer widersprüchlichen Idee gesucht, die keine eindeutige Antwort zulässt. Die Wissenschaft ist voll von solchen ungelösten Problemen.

MINTEEE: Ein wichtiges Thema – wenn nicht das Hauptthema – in „Little Joe“ ist das Problem der unbeabsichtigte Nebenwirkungen, die mit der neuen Züchtung einhergehen. Auch in der Wissenschaft ist das ein zentrales Thema. Lag hierauf von Vornherein Ihr besonderes Augenmerk?

Jessica Hausner: Wie gesagt: Auf dem Weg zu einer neuen Entdeckung weiß man nicht, welcher der richtige Weg ist. Man weiß nicht, ob man links oder rechts abbiegen soll. Daher nimmt man automatisch unliebsame Nebeneffekte in Kauf, weil man sie teilweise gar nicht antizipieren kann. Das ist wissenschaftlicher Alltag.

MINTEEE: Inwiefern war es Ihnen wichtig, als Protagonistin eine alleinerziehende Frau zu erzählen? Hätte es auch ein alleinerziehender Mann sein können? Inwieweit ging es Ihnen überhaupt darum, Probleme von Alleinerziehenden zu zeigen?

Jessica Hausner: Ein alleinerziehender Mann erntet oft Lob und Anerkennung für seine schwierige Lage. Und er findet meist Frauen in seiner Umgebung, die ihm die Kinderbetreuung abnehmen. Das finde ich beides gut und richtig. Viele Frauen hingegen verlangen sich selbst das Äußerste ab. Sie denken, nur sie können ihr Kind richtig betreuen und sie bekommen außerdem keinerlei lob dafür. Meiner Meinung nach sollten Frauen sich von den Männern was abschauen: weniger schlechtes Gewissen, offen sein für unkonventionelle Lösungen, die Kinderbetreuung auch anderen überlassen, um schließlich mehr persönliche Freiheit zu generieren und den eigenen Interessen nachzugehen.

MINTEEE: Die Vereinbarkeit von Beruf und Familie bzw. das Problem der Vernachlässigung der Familie zugunsten der eigenen Karriere hätte sich in vielen beruflichen Umfeldern erzählen lassen. Warum war es Ihnen wichtig, mit Alice eine Frau und alleinerziehende Mutter zu zeigen, die in einem wissenschaftlichen Umfeld arbeitet?

Jessica Hausner: Weil es um die „Schuldfrage“ geht: Alice ist selbst diejenige, die den bösen Virus womöglich in die Welt gesetzt hat. Dieses Szenario macht es möglich, ihre Ängste und ihr schlechtes Gewissen zu thematisieren: Sie hat Angst, dass durch ihre „schuld“ ihr eigenes Kind von dem vermeintlich bösen Virus befallen wurde. Das ist die Überspitzung ihrer Schuldgefühle als „Rabenmutter“, die ihr Kind zugunsten ihres Berufes vernachlässigt. Daher ist das Ende auch ein Happy End: Alice lässt das Kind beim Vater und geht ihrem Beruf nach.

MINTEEE: Am Ende des Films wird der neugezüchteten Pflanze – auf der Basis diverser wissenschaftlicher Analysen – die Unbedenklichkeit bescheinigt. Dennoch bleibt beim Publikum ein spürbares Unbehagen zurück. Offenbar gibt der Film gibt keine eindeutige Antwort auf die Frage, ob „Little Joe“ tatsächlich unbedenklich ist. Hatten Sie das von Anfang an so geplant oder hat sich diese Ambivalenz erst allmählich im Verlauf der Stoffentwicklung herauskristallisiert?

Jessica Hausner: Das war von Anfang an zentrales Element der Erzählung: Im Gegensatz zu den herkömmlichen Genrefilmen war von Anfang die Absicht, hier den Zuschauer vor ein Rätsel zu stellen, das am Ende zwei Lösungen anbietet: Entweder hat der Virus nun auch Alice verändert und sie ist deshalb „glücklich“ oder es gibt tatsächlich gar keinen bösartigen Virus und Alice hat gelernt, ihren Sohn loszulassen und sich mehr um sich selbst zu kümmern. Beide Enden sind möglich, der Zuseher entscheidet.

MINTEEE: Die grundsätzliche Haltung des Films gegenüber der grünen Gentechnik ist eher zwiegespalten. Einerseits wird ihr Einsatz als eindeutig nutzbringend dargestellt, andererseits wird auch die Unnatürlichkeit entsprechender Eingriffe angesprochen, und nicht zuletzt spielen mögliche Risiken eine entscheidende Rolle. Auch die zunächst eindeutig positive Haltung der Wissenschaftlerin Alice ihrer eigenen Züchtung gegenüber ist Schwankungen unterworfen. Spiegelt sich darin auch Ihre persönliche Auffassung diesem Thema gegenüber?

Jessica Hausner: Ja.

MINTEEE: Liest man die vielen Besprechungen Ihres Films, dann fällt auf, dass er hinsichtlich des Genres nicht leicht einzuordnen ist. Die Rede ist von (Psycho-) Horror, Science-Fiction, Mystery, Psycho- oder Biothriller, Wissenschaftskrimi oder einfach Drama. Was ist „Little Joe“ für Sie persönlich?

Jessica Hausner: „Little Joe“ ist ein Zwitterwesen, ein Bastard, ein Cross-Over-Film… Es erscheint mit heutzutage nicht mehr sinnvoll, reine Genrefilme zu machen- und auch nicht reine Arthouse Filme. Unsere Zeit ist geprägt von Widersprüchen, Halbwahrheiten und dem Internet, das auf alles Mögliche jede denkbare Antwort bietet. Es braucht entsprechend Filme, die auch auf ästhetischer Ebene diesen Mix widerspiegeln und dadurch modern sind.

 

 

 

 

Weiterführende Links (Auswahl)

Institute mit thematischem Bezug zum Film

Max-Planck-Institut für Pflanzenzüchtungsforschung
https://www.mpipz.mpg.de

Fraunhofer-Institut für Molekularbiologie und Angewandte Oekologie IME
https://www.ime.fraunhofer.de/

Fraunhofer-Institut für Verfahrenstechnik und Verpackung IVV
https://www.ivv.fraunhofer.de/de/produktwirkung/multisensorik.html

Wegweiser Bürgergesellschaft – Wissenschaftsethik und -diskussion
https://www.buergergesellschaft.de/akteure/wissenschaft-technikgestaltung-zukunftsforschung/wissenschaft-und-gesellschaft/wissenschaftsethik-und-diskussion/


Filmbesprechungen zu „Little Joe“

https://www.rottentomatoes.com/m/little_joe/reviews


Weitere Interviews mit Jessica Hausner

Texte
https://www.epd-film.de/meldungen/2019/interview-jessica-hausner-ueber-ihren-film-little-joe
https://www.film-rezensionen.de/2020/01/jessica-hausner-interview/
https://deadline.com/2019/05/jessica-hausner-little-joe-cannes-interview-news-1202610970/
https://screenanarchy.com/2019/12/humorous-inventions-jessica-hausner-talks-little-joe.html
https://filmloewin.de/interview-jessica-hausner-little-joe-eine-welt-jenseits-der-perfektion/
https://www.austrian-directors.com/jessica-hausner-ueber-little-joe/

Videos
https://www.arte.tv/de/videos/087555-010-A/little-joe-begegnung-mit-jessica-hausner/
https://www.youtube.com/watch?v=apF6RHUtpco
https://www.youtube.com/watch?v=KRmPml3oxCU
https://www.youtube.com/watch?v=WyFWYup0_38